Bericht Delegiertenversammlung 2006
“Praktische Schritte im christlich-jüdischen Verhältnis”
Einmal im Jahr treffen sich die Delegierten der landeskirchlichen
Arbeitskreise Christen und Juden zur Konferenz in Berlin. In diesem
Jahr standen Vorstandswahlen auf der Tagesordnung. Nachdem ich
mich bereits im vergangenen Juni zur Kandidatur bereit erklärt hatte,
wurde ich nun für drei Jahre zum KLAK-Vorsitzenden gewählt. Der
gesamte fünfköpfige Vorstand wird auf der KLAK-Homepage
namentlich und im Foto vorgestellt. Auch ein Gruppenbild aller
Teilnehmer/innen ist dort zu finden.
Die „Konferenz landeskirchlicher Arbeitskreise Christen und Juden“
(KLAK) ist der Zusammenschluss von Arbeitskreisen in den
Landeskirchen im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Sie wurde 1978 mit dem Ziel gegründet, unter ausdrücklicher
Ablehnung von Judenmission Begegnungen mit Juden für Glauben und
Leben von Christen fruchtbar zu machen, Informationen über das
Judentum bereit zu stellen, Judenfeindschaft entgegen zu treten und
für den Staat Israel und den Frieden im Nahen Osten einzutreten.
Thema der Konferenz waren notwendige praktische Schritte im
christlich-jüdischen Verhältnis: „Das christlich-jüdische Gespräch unter
die Leute bringen“.
Der Direktor der Kölner Melanchthon-Akademie, Marten Marquardt
(http://www.melanchthon-akademie.de), Delegierter der Rheinischen
Kirche, bezeichnete das Verhältnis zum Judentum als „alltägliches
Querschnittsthema“ für Christen, das, ausgehend vom Lesen der Bibel
auch mit jüdischen Kommentaren, alle Bereiche theologischer und
kirchlicher Arbeit berühre. Er mahnte, wieder entstehende jüdische
Gemeinden in Deutschland „nach Kräften zu unterstützen“.
Der Berliner Theologieprofessor Rainer Kampling
(http://web.fu-berlin.de/vorlesungsverzeichnis/ss05/gesch-
kultur/004007004001001001.html)
hob die ungewöhnliche Erfolgsgeschichte der nach dem Holocaust aus
dem christlich-jüdischen Dialog entstandenen „Israel-Theologie“
hervor. Sie habe eine tatsächliche Wandlung im christlichen Glauben
bewirkt und das traditionell feindliche Judenbild korrigiert. So habe sie
Katholiken wie Protestanten nur Segen und Freude gebracht. Jetzt
dürften die Kirchen nicht hinter ihren eigenen Erklärungen zur
Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden zurückbleiben,
sondern müssten sie bewähren – nicht nur im Alltag: „Es geht im
Letzten um die Frage, für wie wichtig die Kirchen ihr Bekenntnis zu
Israel nehmen,“ sagte Kampling. Die kleinen Israel-Zirkel in den
Gemeinden seien unverzichtbar für die innerkirchliche Selbstklärung,
betonte er. Denn sie übten eine neue Wahrnehmung Israels in der
Kirche ein, kommunizierten die Israel-Theologie an der Basis und
sorgten dafür, dass die Erinnerungsarbeit einen Ort in den christlichen
Gemeinden habe. Besonders wichtig und unerlässlich sei, dass sie
jeder Judenfeindlichkeit entgegen träten und für ihr Engagement
Bündnisse mit anderen, auch nichtkirchlichen, Gruppen eingingen.
Außerdem hob Kampling eine revolutionäre Neuerung in der römisch-
katholischen Sicht aufs Judentum hervor. Die Päpstliche
Bibelkommission habe geäußert, dass die Schriftauslegung des
Judentums unter dem Wort Gottes und der Bezeugung des Heiligen
Geistes stehe. Die jüdische Messiashoffnung sei nicht vergeblich.
Damit bestätige die katholische Kirche, dass es außer ihr
Heilsgewissheit gibt.
Weitere Referenten waren Ingrid Schmidt und Helmut Ruppel
(http://www.helmut-ruppel.de/buch-veroeffentlichungen), zwei
Berliner Pädagogen, die aus über 30 Jahren Erfahrung in der Aus- und
Fortbildung von Religionslehrer/innen im Horizont des christlich-
jüdischen Gesprächs berichteten. Von dem verstorbenen Friedrich-
Wilhelm Marquardt stark geprägt, verfüge die evangelische
Religionslehrerausbildung in Berlin über hervorragende Kontakte zur
jüdischen Gemeinde. Die Referenten erzählten von Menschen,
Methoden und Materialien, die für ihre Arbeit förderlich waren,
verschwiegen aber auch nicht zwei besonders kritische Punkte: a) die
Israel feindliche Stimmung in vielen Lehrerkollegien und b) den unter
ausländischen, vor allem muslimischen, Jugendlichen in Berlin weit
verbreiteten Antisemitismus, Sexismus und ihr Lernunwilligkeit, die
aus Angst vor dem Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit von der
deutschen Gesellschaft tabuisiert würden.
Weitere Referenten waren der Geschäftsführer der Aktion
Sühnezeichen Friedensdienste (ASF), Christian Staffa
(www.asf-ev.de), und der Gesandte der Israelischen Botschaft, Ilan
Mor).
Während Mor die Situation in Nahost aus der Sicht der israelischen
Regierung darstellte (und zwei Tage vor der Palästinensischen
Parlamentswahl 30 % für die Hamas erwartete), berichtete Staffa, wie
Freiwillige der ASF ihren Dienst in Israel erlebten und reflektierten.
Die Delegierten besuchten die Niederlassung der Chabad Lubawitsch
Bewegung in Berlin (http://www.chabadberlin.de/) und wurden durch
Rabbiner Yehuda Teichtal informiert und durch das im Umbau
befindliche Gebäude geführt. Sie führten ein Gespräch mit dem
Verleger Gerard Minaard, der im Erev-Rav-Verlag die Reihe KLAK-
Impulse herausgibt: http://www.erev-rav.de
Den Sonntagsgottesdienst feierten wir in der
Johanneskirchengemeinde Lichterfelde.
Für mich war diese KLAK-Delegiertenversammlung besonders wichtig
wegen der persönlichen Kontakte zu den kompetenten Kolleginnen
und Kollegen und wegen der konstruktiven und ermutigenden Vorträge
und Diskussionen.